natalia unterwegs

3 Wochen mit dem Wohnmobil durch die Schweiz

Zu dritt mit Hund und Womo erkunden wir die Schweiz und passieren dabei Bern, das Berner Oberland, die Gegend um Zermatt mit dem Matterhorn, dem Appenzeller Land, dem Schweizer Teil des Lago Maggiore und Zürich.

Wohin soll es -zu immer noch Coronazeiten- in Urlaub gehen? Die Inzidenzen sollten niedrig sein, der Weg nach Hause machbar, falls doch irgendetwas passieren sollte und die Möglichkeit, sich ein wenig zu separieren sollte gegeben sein. Also fiel die Wahl auf die Schweiz. Für uns fast unbekannt, da wir aufgrund des hohen Preisniveaus die Schweiz bisher eher gemieden haben. Aber mit einem Camper und vollem Kühlschrank schien es uns machbar.

Aus Hildesheim kommend war uns die Fahrt (über 700km) in einem Rutsch zu lang. Wir pausierten in Freiburg am Breisgau, ein lohnenswerter Ort!

Bummeln am Tag, Kaffeetrinken in einem der vielen Straßencafes, den Reisesegen im Münster erbeten und ein Bier im Biergarten am Abend, das ist ein guter Auftakt für die kommenden Urlaubswochen. (Eigentlich ist Freiburg eine Weingegend, aber bei der schwülen Wärme war uns eher nach kühlem Bier, sehr lecker im Brauereigarten Feierling)

1. Etappe Bern

am nächsten Morgen geht es nach Bern. 164 km sind in zwei Stunden geschafft.

Bern ist die Hauptstadt der Schweiz, wir waren zufällig am 1. August, dem Nationalfeiertag da. Dennoch war es unerwartet ruhig und entspannt. Wir bummelten durch die Altstadt und es wirkte fast ein wenig unwirklich, weil da ALLE Häuser alt waren. Die Straßen waren mit Flaggen geschmückt – es sah schön aus. Wie würde das in Deutschland wirken, wenn in allen Straßen Fahnen wehen würden? Sicherlich würde uns das in bezug auf die deutsche Geschichte sehr befremden, aber hier in Bern gefiel es mir gut.

Den Bären, der im Wappen von Bern zu sehen ist, gibt es wirklich! Er (eigentlich ein Braunbärenpaar) hat als Lebensraum mitten in der Stadt ein relativ großes Terrain am Ufer der Aare. Die Berner und die Touristen können die Bären hier am Bärenpark beobachten, übrigens eine artgerechtere Haltung als früher, jahrhundertelang im Bärengraben. Der Gründer der Stadt habe hier auf der Jagd einen Bären erlegt und die Stadt daher Bern genannt (im Jahr 1191).

Am Abend bummeln wir nochmal durch die Stadt, in der Hoffnung irgendwo gemütlich etwas zu trinken. Es war alles geschlossen! Ob es an Corona, am Sonntag oder am Feiertag lag? Hier und da böllerten die Menschen kleine Raketen ab, eine Tradition zum Nationalfeiertag, die aber aufgrund der Pandemie nicht erwünscht war. Wir fuhren zurück zum Campingplatz – unsere Hündin Momo mag kein Feuerwerk und reagiert ängstlich.

TIPP fürs Übernachten mit Womo: Camping Eichholz, Strandweg 49, 3084 Wabern. Der Platz liegt direkt an der Aare, er ist übersichtlich und familiär. In der Stellplatzgebühr enthalten ist die Tageskarte für den Berner Nahverkehr. Die Haltestelle der Tram liegt 5-10 Min. entfernt und fährt bis in die Nacht.

2. Etappe Lauterbrunnen (etwa 70km/1h Fahrt)

Der Staubbachfall ist auf der Titelseite meines Reiseführers abgebildet (lonely Planet Schweiz- gut!) nicht ohne Grund, denn die Region um Lauterbrunnen im Berner Oberland bietet allerhand, wir bleiben hier 5 Nächte.

hier noch ein paar Eindrücke:

Gletscherschlucht Grindelwald

Heute ist es leider mal wieder ein wenig nieselig. Also wollen wir die Gletscherschlucht Grindelwald erkunden. Grindelwald – das finden wir schon gut bevor wir da sind. J.R.R. Tolkien habe sich 1911 bei einer Schweizreise in dieser Gegend inspirieren lassen und seine Mittelerde ähnlich gestaltet. Trolle, Orks oder Elben haben wir dennoch nicht gesehen, anstatt dessen mussten wir erfahren, wie sich der Gletscher durch die Erderwärmung mehr und mehr zurückzieht. Zwischen 1864 und 1914 wurde hier Gletschereis abgebaut und an Hotels und Betriebe verkauft. Die Grindelwaldschlucht wurde urspünglich als Attraktion für Touristen begehbar gemacht, indem Stege gebaut wurden. Diese wurden entsprechend des Rückgangs des Gletschers immer wieder erweitert. Heute kann man am Ende des Weges leider kein Eis mehr erkennen. Lohnenswert ist der Weg trotzdem. Adrenalinjunkies lassen sich am Seil durch die Schlucht baumeln, die Wände der Schlucht sind steil und imposant, immer wieder gibt es informative Schaubilder über Gletscher und Klima.

Klettersteig Mürren Gimmelwald

das besondere an diesem relativ neuem guten Klettersteig ist, dass man anstatt nach oben, nach unten unterwegs ist. Obwohl die Schwierigkeit „nur“ Mittel beträgt, sind die Ausblicke vielversprechend. Wir trennen uns, ich und Hund entspannen am Almendhubel während Tochter und Mann klettern.

Schnydige Platte

Tipp zum „Sparen“: Top of Europe Pass – gültig für alle Bergbahnen der Region sowie den Öffis – den Pass gibt es für verschiedene Zeitfenster. Billig ist das nicht, lohnt aber, wenn man viel unterwegs sein will. Die Bahnen an für sich sind sehr kostenintensiv.

3. Etappe Zermatt 122km, etwa 3 Stunden

Das Matterhorn zu sehen gehörte zu meinen Träumen, also fahren wir weiter nach Zermatt. Zermatt ist autofrei. Wir müssen also mit unserem Camper in Täsch auf einem Campingplatz übernachten und später mit der Bahn nach Zermatt fahren. Also geben wir „Täsch“ ins Navi ein. Ich wundere mich, dass im Navi eine Autofähre angezeigt wird, denke, das muss ein Fehler sein, bis wir auf dem Zubringer der Autoverladestation der Bahn landen. Um Bergpässe zu vermeiden können manche Strecken auch Tunnel absolviert werden, aber nicht selbstständig, sondern auf einem Bahnanhänger. Eigentlich eine sehr gute Idee und eine interessante Erfahrung allemal. Viele träumen sicher auch von abenteuerlichen Fahrten auf Passstraßen, ich genieße dagegen die schnelle ebenerdige Fahrt.

Zermatt war ursprünglich ein Bergdorf, das durch den aufkommenden Tourismus im Zuge der Besteigung des Matterhorns stark gewachsen ist. Dennoch sind alte traditionelle „Hütten“ zu bestaunen, die heute unter Denkmalschutz stehen. Kleine Holzhäuser für die Speicherung von Getreide oder Heu sowie als Ställe oder Wohnräume der Menschen sind erhalten und zum Teil innen zu Luxusferienappartments umgebaut. Gegen den Befall von Ratten standen die Häuser auf kleinen Baumstelzen und diese wiederum auf runden Schieferplatten.

Tipp für Wohnmobilisten: Camping Täsch, hier kann man nicht reservieren, es findet aber täglich ein großer Wechsel statt, so dass man gut unterkommt wenn man am Vormittag anreist.

Hier in den Nebenstraßen war es sehr ruhig, in der Hauptstraße Zermatts dafür umso umtriebiger. Viele edle Geschäfte reihen sich aneinander, Kutschen bringen die betuchten Gäste vom Bahnhof in ihre schicken Hotels. Am Abend wurden wir Zeuge, wie eine Ziegenherde durch die edle Einkaufsstraße nach Hause in ihren Stall getrieben wurde. Das Museum in Zermatt möchte ich empfehlen. Hier erfährt man mittels vieler Exponate und Zeitzeugenberichten auf Video interessantes über die Erstbesteigung des Matterhorns und dem Unglücksfall der damit zusammenhängt. Auch erfährt man einiges über den Aufschwung Zermatts zum Touristenhotspot. Dazu sind Hotelzimmer nachgebildet und historische Schriftstücke (Briefe, Hotelbucheintragungen,…) zu bestaunen. Uns hat das sehr interessiert und nachhaltig bewegt. Ich musste mir noch ein Buch über das Unglück am Matterhorn kaufen.

Am nächsten Tag wollen wir das Matterhorn von seiner besten Seite betrachten. Hinauf kann man nur als Bergsteiger. Bequem und touristentauglich ist die Fahrt auf den benachbarten Gornergrat. Der Gornergrat ist 3089m hoch und bietet einen besonders schönen Blick auf das Matterhorn. Eine Zahnradbahn bringt die Gäste nach oben.

4. Etappe Lago Maggiore (Locarno) 123km, 3 Stunden

Wir fahren an den schweizer Teil des Lago Maggiore (für drei Nächte). Aufgrund der Corona-Pandemie ist es einfacher in der Schweiz zu bleiben, als von der Schweiz nach Italien und wieder zurück zu fahren.

Mal wieder geht es anstatt über einen Pass durch den Tunnel mit dem Autozug. Schnell, problemlos, bequem. Nach der Zugfahrt fühlen wir uns wie nach Italien gebeamt. Wir wissen, dass wir in der Schweiz sind, aber es ist (für uns) wie in Italien. Palmen an der Straße, kleine Sträßchen, Gassen und Pizzerien, Hitze.

Angekommen in Locarno heisst es erstmal bummeln und Eis essen.

Am nächsten Tag fuhren wir mit der Bahn (auch hier gab es die Fahrkarten beim Camping dazu) nach Lugano.

Brissago Insel

Am nächsten Tag verbinden wir den Wunsch, auf dem See mit dem Boot zu fahren, mit dem Besuch der Brissago Insel – einem botantischen Garten. Die Bootstour war anstrengend, weil es warm und sehr voll war und auf der Insel war die Hauptblütezeit bereits vorbei und das Lokal ausgebucht und teuer. Es war trotzdem schön, aber man muss hier nicht hin.

5. Etappe Appenzeller Land

Jetzt geht es weiter in das Appenzeller Land. Auch hier haben wir uns kurz vorher einen Stellplatz auf einem Campingplatz gesucht. Wir bleiben drei Nächte beim Camping Jakobsbad in Gonten. Ein sehr schöner Platz mit den saubersten Sanitäranlagen überhaupt. Auch die Stimmung unter den Campern war besonders nett, daher empfehle ich gerne diesen Platz.

Direkt neben dem Campingplatz beginnt der Barfußweg. Auch mal eine schöne Erfahrung. Auch eine Wanderung zur spektakulären Ebenalp (Gasthaus Äscher) bietet sich an sowie eine Fahrt auf den Kronsberg (Wanderung Schwälgalm)

Am nächsten Tag sollte es gemütlicher los gehen, wir hatten doch ziemlich starken Muskelkater! Also fuhren wir mit der Gondelbahn direkt neben dem Campingplatz auf den Kronsberg und wanderten zur Schwälgalm. Von dort ging es mit Bus und Bahn zurück nach Jakobsbad.

Appenzell

ups, wir waren ja gar nicht in Appenzell, noch schnell dahin bevor wir die Region schon wieder verlassen!

6. Etappe Bolderhof/Kuhtrekking

In meinem Reiseführer las ich vom Kuhtrekking am Bolderhof nahe Schaffhausen. Das wollte ich ausprobieren. Nach 3 Nächten in Jakobsbad ging es also Richtung Bodensee (73 km, 1,5h). Auf dem Hof blieben wir nur eine Nacht. Während Hund und Herrchen im Womo schliefen, buchten ich und unsere Tochter die Übernachtung im Stroh. Der Hof ist ein vollbewirtschafteter Demeter Hof mit Wasserbüffelhaltung. Auch „normale“ Kühe und Hühner leben auf dem Hof. Der Gast darf überall schauen und auch ein bisschen mitmachen. So durften wir am Abend die Eier im Stall einsammeln und am Morgen beim Melken zuschauen und auch mal selbst mit der Hand das Melken versuchen. Die Nacht im Stroh war ein kleines Abenteuer für uns Stadtmenschen. Mückenschutz war jedoch unbedingt erforderlich!

Stein am Rhein

liegt ganz nah am Bolderhof und soll durch seine schönen bemalten Häuserfassaden imponieren.

7. Etappe Rheinfall Schaffhausen

Nur eine halbe Stunde entfernt (22km) ist der Rheinfall. Wir blieben wir auf dem angrenzenden Parkplatz über Nacht stehen. Wohnmobile dürfen kostenlos eine Nacht bleiben (Nohlstraße 142, 8212 Neuhausen am Rheinfall). Für 5 Franken Eintritt kann man hier viele Stufen zum Ufer hinablaufen und von verschiedenen Plattformen Bilder vom wirklich beeindruckenden Wasserfall machen. Später wieder hinauf geht es dann mit einem Lift. So sehr ich mich auch bemüht habe, den wirklichen Eindruck des Rheinfalls konnte ich nicht ins Bild bekommen. Dafür fehlt der Eindruck des Wassersprühnebels im Gesicht und das laute Rauschen der großen Wassermasse.

Der Rheinfall hat eine Höhe von 23 m und eine Breite von 150m. Bei mittlerer Wasserfüllung stürzen etwa 370 Kubikmeter/pro Sekunde hinunter! Er gehört zu den 3 höchsten Wasserfällen in Europa. Sicherlich fand ich ihn auch ganz besonders, weil ich am Rhein (bei Koblenz) aufgewachsen bin und der Rhein da, zwar mit gefährlicher Strömung, aber doch optisch geruhsam, dahinfließt.

Den Rheinfall kann man von beiden Seiten besichtigen. Hierdurch ergeben sich einige Fotomöglichkeiten, die Ansichten sind immer wieder ein wenig anders. Das Touristenaufkommen ist hier sehr hoch. Im Minutentakt setzen Boote vom Ufer ab um Interessierte entweder ganz nah an die Fälle zu bringen, oder sogar auf den Felsen hinauf. Dazu landen die Boote am Felsen an und die Fahrgäste können über eine Treppe bis oben hin. Das machen wir auch (zum Teil, ich bleibe mit Hundi auf der Bank). Die Beiden berichten aber, dass es vom Ufer aus spektakulärer ist als vom Felsen. Naja, manchmal kommt es nur darauf an etwas gemacht zu haben, wenigstens um mitreden zu können.

Kühlschrank leer! Einkaufen grenznah in Deutschland

Der Rheinfall ist sehr nah an der deutschen Grenze. Nur knapp unter 10km zum nächsten deutschen Aldi sagt unser Navi. Nachdem ich im schweizer Supermarkt 9.50 Schweizer Franken für ein Kilogr. Zucchini hätte zahlen sollen (Euro-SF fast 1:1) machen wir uns auf. Und ich muss sagen, auch das war ein Urlaubserlebnis. Direkt nach der Grenze tummelten sich Imbissbuden, Tankstellen, Buchläden, Lidl, Aldi, Edeka, Einrichtungshäuser und und und. Und das alles in einem Dorf! Bei Aldi war der Parkplatz voller schweizer Autos. Die vollen Einkaufswagen der Käufer waren nichts gegen die Corona-Panik-Käufe vor einigen Monaten. Familien fuhren zum Teil drei übervolle Wagen an die Kasse. Im Gemüsebereich ging es zu, als ob es da verbilligt apple-Geräte gäbe. Und ich ergatterte Zucchini, für 1,20Euro/Kilo. Ich musste mich am Riemen reißen, um nicht in einen Kaufrausch zu geraten, bietet unser Womo ja nicht so viel Stauraum. Mit genügend Proviant ging es weiter nach Zürich.

8 Etappe Zürich (50km, 1h)

Tipp für Womoreisende: Wir campen am Campingplatz Fischers Fritz, Seestraße. Gute Anbindung in die Innenstadt mit der Tram. Der Platz ist eng, die sanitären Anlagen ok. Das Personal ist sehr freundlich und die günstige Lage veranlasst mich dazu, auch diesen Platz zu empfehlen.

Rückreise

direkt bis nach Hause ist es uns mit 700 km zu weit. Wir fahren nur bis Würzburg, auch schon 360km. In Würzburg stellen wir uns auf den Parkplatz an der Friedensbrücke. Ideal für den Stadtbesuch, der fußläufig in wenigen Minuten beginnen kann. Heute wird nicht selbst gekocht, sondern ausgiebig aushäusig gespeist. Ein Vergnügen, dass uns nach der hochpreisigen Schweiz spottbillig vorkommt. Getränke, Hauptgänge, Nachtisch… . Als die Bäuche gefüllt sind und wir müde in die Betten fallen sind wir trotzdem traurig, dass die schöne Urlaubszeit zu Ende geht. Aber – nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub!

6 Kommentare

  1. Liebe Natalie, habe Deinen Reisebericht mit Begeisterung gelesen! Hat Spaß gemacht und vielleicht borgen wir uns demnächst auch mal so ein Womo für eine Reise. Jetzt mache ich 2 Wochen Reiturlaub daheim 😉🤗
    Liebe Grüße auch an Deine Lieben und bleibt gesund !

  2. Hallo super schöner und ausführlicher Reisebericht. Ihr habt viele Regionen besucht, falls ihr wieder einmal in die Schweiz fährt müsst ihr mal den Kanton Graubünden besuchen. Auch die Westschweiz hat seine Reizen. Sehr gute Werbung für die Schweiz.
    Grüsse aus der Schweiz.
    Oskar

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